Veröffentlicht inEmotionales, Schicksale

Im Kreißsaal ist es plötzlich totenstill. Als die Mutter fragt, was mit ihrem Baby los ist, müssen die Ärzte tief Luft holen.

Unbeugsamer Lebenswille.

WARNUNG: Dieser Artikel enthält Bilder, die auf manche Leser verstörend wirken können.

Lucy Betts aus der kleinen Stadt Great Yarmouth in England ist eine ganz besondere junge Frau. Die nach eigenen Angaben 1987 geborene Lucy kam mit einer sehr seltenen Form der Krankheit Ichthyose auf die Welt, die auch die „Harlekin-Krankheit“ genannt wird.

Die Harlekin-Ichthyose ist eine gefährliche und unheilbare Hautkrankheit, die nur bei einem von 1.000.000 Kindern vorkommt. Die Haut der Betroffenen erneuert sich viel schneller, als sie dies bei gesunden Menschen tut. Ständig werden neue Hautzellen gebildet, so schnell, dass die Hautschichten miteinander verhornen und sich wie ein Panzer über den Körper ziehen. Das schränkt die Bewegungsfreiheit der Arme und Beine ein und bedeckt das Gesicht mit einer maskenartigen Schicht, die der grausamen Krankheit ihren Namen gab.

Youtube/Real Stories

„Als sie sie nach der Geburt hochhoben, wurde es so still im Kreissaal, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können“, erinnert sich Jan, die Mutter. „Ich habe Lucy gesehen, bevor Jan es konnte“, sagt auch ihr Vater Clive. „Alle im Kreissaal wurden ganz still. Dann fragte Jan: ‚Stimmt etwas mit dem Baby nicht?‘ „

Lucy muss in einem möglichst sterilen Umfeld leben, denn die Gefahr von Infektionen ist extrem groß. Die meisten Kinder, die mit Harlekin-Ichthyose geboren werden, sterben innerhalb kurzer Zeit an einer Entzündung und Blutvergiftung. Doch Lucy überlebt die gefährlichste Zeit und ihre Eltern schöpfen neuen Mut. Einige Jahre nach Lucy wird mit der kleinen Hannah ihre zweite Tochter geboren.

Doch was Jan und Clive nicht für möglich gehalten hätten, wird traurige Wahrheit. Die kleine Hannah wird ebenfalls mit Harlekin-Ichthyose geboren. Die Chancen für ein Geschwisterkind eines Erkrankten sind viel höher, ebenfalls an Ichthyose zu leiden, doch die Eltern haben den Versuch gewagt. Nach dem ersten Schock stellen sie sich auf die Pflege eines weiteren kranken Kindes ein.

Doch Lucy und Hannah sind froh, einander zu haben. „Es gibt jemanden, der weiß, was du durchmachst, wenn deine Haut schmerzt und niemand sonst es wirklich versteht. Du weißt, sie wird es verstehen, und ich weiß, wie es ist, wenn sie sehr wund ist. Wenn die Leute sagen ‚Nein, das kann nicht so schlimm sein‘, dann kann ich sagen ‚Doch, es ist wirklich so schlimm.'“, beschreibt Lucy ihre enge Bindung.

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Die Schwestern müssen ihren Körper jeden Tag zweimal schmerzhaft peelen und dick mit speziellen Cremes einreiben, damit sie nicht verhornt und sich entzündet. An nur einem Tag bilden sie so viele Hautzellen, wie gesunde Menschen in zwei Wochen.

Youtube/Real Stories

Die Schwestern wissen, dass es in ganz Großbritannien nur sechs Menschen mit Harlekin-Ichthyose gibt und denken, sie seien sicherlich die einzigen Geschwister darunter. Doch eines Tages bietet ihr Arzt ihnen an, sie zwei anderen Schwestern vorzustellen, die dasselbe durchmachen, wie sie.

Youtube/Nekane Souto Fernández

Als die beiden Geschwister Dana und Lara Bowen kennenlernen, verstehen sich die vier Mädchen auf Anhieb. Über die folgenden acht Jahre bleiben sie immer in Kontakt miteinander.

Die Mädchen machen jeden Tag ihres Lebens starke Schmerzen durch, aber nichts kann ihren Lebenswillen und ihren Optimismus bremsen. Lucy hat die Schule erfolgreich abgeschlossen und studiert Pädagogik. Sie will nicht nur anderen Kindern helfen, sondern sie auch von Anfang an mit einem liebevollen Menschen vertraut machen, der „anders“ aussieht. 

Lucy genießt ihr Leben, geht gerne mit Freunden aus und lässt sich nicht einschränken.

Vor Kurzem erst haben Wissenschaftler es geschafft, das Gen zu identifizieren, das die Harlekin-Ichthyose auslöst. Sie arbeiten intensiv daran, mit ihrem neuen Wissen die Behandlungen zu verbessern, damit Menschen wie Lucy, Hannah, Dana und Lara geholfen werden kann. Die Schwestern sind aufgeregt und hoffnungsvoll.

Eine Dokumentation zu den Betts-Schwestern kann hier angesehen werden (auf englisch):

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„Ich habe immer gesagt, dass ich eines Tages aufwachen und sehen möchte, wie ich wäre, wenn ich die Krankheit nicht hätte“, sagt Lucy. „Vielleicht wäre ich ein furchtbarer Mensch, aber ich denke nicht, denn ich habe liebe Eltern, aber es wäre trotzdem nicht ich selbst.“

Was für eine starke, warmherzige Persönlichkeit. Was auch immer kommt, ihr geballter Wille hilft ihnen, nicht nur ihrer Krankheit, sondern der ganzen Welt die Stirn zu bieten.