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Angebliche „Hexe“ überlebte den Galgen

Die Bewohner der Stadt Hadley in Massachusetts quälten eine alte Frau namens Mary Webster, weil sie angeblich eine Hexe war

Eine Illustration eines Hexen-Prozesses aus dem 19. Jahrhundert.
© clu / DigitalVision Vectors via Getty Images

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In der Stadt Hadley im US-amerikanischen Bundesstaat Massachusetts lebte einst eine unglückliche alte Frau namens Mary Webster, die angeblich eine Hexe war. Sie ging als die „halb gehängte Mary Webster“ in die Geschichte ein. Doch was ist mit ihr passiert, das man ihr einen so grausigen Namen gab?

Eine Illustration eines Hexen-Prozesses aus dem 19. Jahrhundert.
Die grausame Geschichte der vermeintlichen Hexe Mary Webster. Foto: clu / DigitalVision Vectors via Getty Images

Wohl jeder hat schon einmal von den berüchtigten Hexenprozessen der Stadt Salem gehört. Die kleine Siedlung im US-amerikanischen Bundesstaat Massachusetts gelangte im Jahr 1692 zu trauriger Berühmtheit.

Tödlicher Aberglaube

Dort hat man über 100 Menschen wegen angeblicher Hexerei verhaftet, 55 unter Folter zu Falschaussagen gezwungen und schließlich 20 von ihnen durch Hängen hingerichtet. 

Doch Salem war nicht die erste oder einzige Stadt, in der solche Grausamkeiten begangen wurden. Es war schon zuvor nichts Ungewöhnliches gewesen, unliebsamen Nachbarn Umgang mit dem Teufel zu unterstellen – so bizarr das heutzutage auch klingen mag.

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Nur etwas über 140 Kilometer von Salem entfernt liegt die Stadt Hadley. Dort lebte im 17. Jahrhundert eine Frau namens Mary Bliss Webster, geborene Reeve. Mary und ihr Mann William waren beide mittleren Alters, die Ehe war kinderlos geblieben. Mary und William waren arme Leute, die in einer kleinen Hütte am Stadtrand lebten und oft auf die Wohltätigkeit ihrer Nachbarn angewiesen waren. 

Ein hartes, trauriges Leben

Die Härte ihres Lebens hatte sie zu einer schroffen und verbitterten Person gemacht, die andere mit ihrer Art schnell vor den Kopf stieß. Die Leute in der Stadt begannen, Mary Webster zu verspotten, zu beleidigen und als „die alte Hexe“ zu bezeichnen.

Unter den Jugendlichen war es ein beliebter „Spaß“, Mary böse Streiche zu spielen. Doch auch die Erwachsenen ließen ihren Ärger über alltägliche Probleme zunehmend an ihr aus.

Im Puritanismus jener Zeit herrschte der Glaube, dass man Hexen durch körperliche Misshandlungen bei ihren bösen Zaubern „stören“ könne. Als zum Beispiel eine Herde Kühe nicht an Marys Haus vorbeigehen wollte, gaben die Hirten Mary und ihren angeblichen Zaubern die Schuld. Sie fanden die alte Frau und verprügelten sie so lange, bis die Kühe sich irgendwann weitertreiben ließen.

Vor Gericht gezerrt

Als immer mehr Nachbarn ihre Probleme mit Mary Websters angeblichen Hexenkräften zu erklären versuchten, wurde sie schließlich offiziell der Hexerei beschuldigt, verhaftet und ins Gefängnis gesteckt.

Im Juni 1683 machte man ihr vor einem Gericht in Boston den Prozess. Doch die vorgelegten „Beweise“ für ihre übernatürlichen Verbrechen überzeugten nicht einmal den puritanischen Richter, der Mary von den Vorwürfen der Hexerei und einer sexuellen Beziehung mit dem Teufel freisprach.

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Doch der Freispruch hielt die Bürger von Hadley nicht davon ab, Mary weiterhin zu schikanieren. Sie blieb ihr liebster Sündenbock für alles, was im Laufe der nächsten anderthalb Jahre schieflief. 

Der Wahn eines kranken Mannes

In Hadley wohnte auch Philip Smith, der sowohl der Richter als auch der Diakon der kleinen Gemeinde war. Zeitgenossen beschrieben ihn außerdem als einen Hypochonder, der an immer neuen realen oder eingebildeten Erkrankungen litt.

Als Smith im Januar 1684 fiebrige Anfälle erlitt, rief er im Delirium Gott an, ihn von seinen Qualen zu erlösen. Außerdem gab er in seinem verwirrten Zustand Mary Webster die Schuld an seiner Krankheit. 

Angeblich kam es in seinem Krankenzimmer immer wieder zu unerklärlichen Situationen. Flaschen voller Medizin seien plötzlich leer gewesen und unter seinem Bett habe man ein seltsames Kratzen gehört.

Vielleicht hätte man heute feststellen können, woran er gelitten hat, und ihm rechtzeitig helfen können. Damals tat man, was man in Hadley schon seit Jahren getan hatte, wenn irgendwo ein Problem bestand: Man machte Mary Webster, die alte Hexe, verantwortlich.

Pure Grausamkeit

Eine Gruppe junger Männer beschloss, dem Kranken zu „helfen“, indem sie Mary Webster quälten. Sie zerrten die alte Frau aus ihrer Hütte, legten ihr eine Schlinge um den Hals und zogen sie am nächsten Baum hoch.

Nachdem sie Mary so eine Weile in Todesqual hatten zappeln lassen, ließen sie sie herunter. Sie rollten sie auf den gefrorenen Boden herum, verscharrten sie schließlich unter einem Haufen Schnee und ließen sie zum Sterben zurück.

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Es ist offensichtlich, dass sie einfach ihre Grausamkeit und ihren Sadismus an jemandem auslassen wollten, der sich nicht wehren konnte. Aber selbst wenn man an ihre „guten“ Absichten geglaubt hat, blieb die Quälerei umsonst: Philip Smith verstarb an seiner rätselhaften Krankheit.

Überlebt – aber wofür?

Unglaublicherweise überstand Mary Webster diese Tortur. Sie überlebte Philip Smith um elf Jahre und ging als die „halb gehängte Mary Webster“ in die Geschichte ein. Doch ihr Leben in Hadley war bis zum Schluss das einer verachteten „Hexe“, an der man jederzeit seine schlechte Laune auslassen konnte.

Die bekannte Schriftstellerin Margaret Atwood soll eine entfernte Verwandte von Mary Webster sein. Sie schrieb ein Gedicht mit Namen „Half-Hanged Mary“ zu ihrem Gedenken und widmete ihr den weltberühmten dystopischen Roman „Der Report der Magd“.

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Mary Webster liegt auf dem alten Friedhof der Gemeinde Hadley, aber bis heute hat man hat ihr nicht einmal einen Grabstein gesetzt.

Aberglaube und Bösartigkeit sind eine schreckliche Kombination. Sie führten im Laufe der Geschichte immer nur dazu, dass die Stärkeren auf die Schwächeren losgingen – solange sich niemand dazwischenstellte.

Quelle: newenglandhistoricalsociety
Vorschaubild: ©Facebook/History in Five